Von Pilot bis Bauer
Alle Wege offen und ein breites Angebot dazu: Was Realschüler nach der Schule machen
„Die Welt steht euch offen“ – das ist ein beliebter Spruch auf Schulabschiedsfeiern. Dabei steht nach der ersten Hürde meist bereits die nächste vor der Tür – weiter zur Schule oder eine Lehre, diese Wahl ist da. Doch eines stimmt sicher: Die Berufswelt steht den Schulabgängern offen, denn überall wird Nachwuchs gebraucht. Doch wohin gehen etwa die Rodinger Realschüler – und warum? Wir haben sechs von ihnen gefragt. Katharina Braun ist 16, kommt aus Nittenau und geht in die 10b der Konrad-Adenauer-Realschule in Roding. Sie hat sich für eine Ausbildung als Steuerfachangestellte entschieden – und zwar in Regensburg. „Das ist die beste Busverbindung!“, sagt sie. Und zu ihrer Berufswahl: „Ich mag Zahlen und Mathe gerne.“ Die ist zwar von ihren Traumjobs FBI-Agentin oder Fußballerin – sie spielt aktuell in Bergham – weit weg, aber nah an Zahlen. Ihre Alternative wäre es gewesen, die Berufsimkerei des Vaters – ihre Mutter arbeitet im Lager eines Autohauses – zu übernehmen, doch habe sie dafür zu viele Allergien. Sie habe Praktika gemacht und sich dann die größte Steuerkanzlei in Regensburg ausgesucht: „Da sind die Aufstiegschancen am besten!“ Zudem bekomme sie dort gleich Verantwortung mit Mandanten, die sie zu betreuen habe. Ihr Berufsziel ist es, einmal Steuerberaterin zu werden.
Weiter Weg zum Traumjob
Thomas Schiegl will sozusagen zum Überflieger werden – das ist sein Ziel und auch ein Kindheitstraum seit den ersten Urlaubsflügen, einmal große Flugzeuge als Pilot zu steuern. Er kommt aus Woppmannsdorf, ist 16 und geht in die Klasse 10b. Auch wenn Schule nicht seine erste Leidenschaft ist, wird er an der FOS in Regensburg bis zum Fachabitur weitermachen, um seinen Traum verwirklichen zu können. Warum Regensburg? Auch hier sei der ÖPNV besser als etwa nach Cham, sagt er. Und er hat schon die erste „Schnupperstunde“ bei der Flugschule in Bruck hinter sich. Am Steuer einer Cessna sei er gesessen – der Fluglehrer habe ihn auch schon selbst das Flugzeug fliegen lassen. „Das Ziel ist groß – deshalb mache ich das! Es gibt für mich keine Alternative“, erklärt er seinen Weg und bekommt leuchtende Augen, wenn er an die mächtige A380 denkt, die ihn am Flughafen begeistert hat. Er will eines Tages im Cockpit mit den Menschen zusammen die Welt erfliegen. Als Hobby ist er zudem als Schiedsrichter auf dem Fußballplatz unterwegs – „das ist gut für die Persönlichkeitsentwicklung“, meint er. Seine Eltern sind beide selbstständig – der Vater ist Inhaber zweier Fitnessstudios, die Mutter Friseurin. Und sein Bruder hat gerade Abi gemacht und will noch höher hinaus: Er will Raumfahrt studieren.
Nina Hartmann, 16, aus Falkenstein zieht es auch nach Regensburg – sie wird an der Uniklinik zur Operationstechnischen Assistentin ausgebildet. Sie geht aktuell in die 10e der Realschule und hat sich in allen infrage kommenden Krankenhäusern für die Ausbildung umgeschaut und Praktika gemacht. Am Ende war es die Uniklinik, weil die am besten organisiert sei und dort am meisten geboten werde, etwa von den Operationen her, die sie begleiten wird. „Es macht mir Spaß im Team zu arbeiten und mit Menschen zu tun zu haben“, sagt sie. Sie könne auch alles problemlos anschauen, was bei OPs geboten werde. An der Uniklinik gebe es sogar einen Probeoperationssaal. Und sie habe schon immer etwas in Richtung Medizin machen wollen – als Kind sei ihr Traumjob Ärztin gewesen. Während ihr Vater bei der Sparkasse arbeitet, ist die Mutter auch zwei Tage pro Woche an der Uniklinik beschäftigt. Alternativ habe sie auch an Rettungssanitäterin gedacht, doch habe man ihr in Cham gesagt, der Andrang sei groß und es würden nur Bewerber mit Fachabitur genommen.
Lisa Raab aus der 10c hat für sich beschlossen, weiter die Schulbank zu drücken und das Abitur zu machen. Dafür wird die 16-Jährige aus Michelsneukirchen ans Schuman-Gymnasium nach dem Realschulabschluss wechseln. „Ich bin in Sprachen recht gut“, sagt sie. Daher habe sie schon überlegt, ob sie Übersetzerin werden sollte. Ihre Eltern hätten abgeraten, da KI solches irgendwann komplett übernehme. Nun ist sie auf dem Weg zur Buchhändlerin, wofür ein Vollabitur nötig ist. Das habe sie auch nicht gewusst, sagt Lisa Raab. Der Beruf sei nicht monoton und man habe viel mit Menschen zu tun, sagt sie. Zudem gebe es gute Aufstiegsmöglichkeiten und ein gutes Gehalt. Ihre Eltern sind selbstständig, führen die Physiotherapiepraxis, dazu ist ihr Vater der Bürgermeister vor Ort.
Sebastian Daschner, 16, aus der Klasse 10a, wohnt in Lackberg in der Gemeinde Zell – und sieht dort auch seine berufliche Zukunft. „Ich habe schon mit Vier gesagt, ich will Bauer werden“, sagt er. Und hat diesen seinen Traumberuf in jedes Freundebuch geschrieben. Nun setzt er es um, auf dem eigenen Hof in Lackberg, wo die Familie unter anderem 65 Milchkühe im Stall stehen hat und etwa 100 Hektar Acker- und Grünland bewirtschaftet. Zunächst will er die landwirtschaftliche Ausbildung machen, dann den Meister oder Techniker dranhängen. Die Mutter sei Arzthelferin, sein Vater habe Landwirtschaft studiert, erzählt er. So sei er mit dem Hof aufgewachsen, habe immer mitgearbeitet – und er kann und will sich nichts anderes vorstellen, was ihm Freude macht. Bei den jüngsten Bauernprotesten sei er auch mit dem Bulldog dabei gewesen. Selbst als sich alle Mitschüler auf die Abschlussfahrt freuten, wollte er zu Hause bleiben: Das Maishäckseln stand an. Er hat keine Lust mehr auf Schule, wobei einige Mitschüler die Stirn gerunzelt haben, als er seinen weiteren Weg bekanntgab. Schließlich liegt Sebastian Daschner sowohl Mathematik wie auch Physik – „da habe ich Einser. Alle haben gesagt: Nicht Landwirtschaft!“ Doch für ihn sei das alternativlos – „ich will nichts anderes!“ Auch, wenn‘s nicht einfach sei.
Einige Praktika absolviert
Manuel Miksch ist noch 15, geht in die 10a und kommt aus Nittenau. Er wird Land- und Baumaschinenmechatroniker bei der Baywa in Obertraubling. Auch sein Vater ist im Agrarbereich bei der Baywa beschäftigt, die Mutter bei Horsch. Er habe einige Praktika gemacht – etwa für den Beruf des Zimmermanns. Doch die Mechatronikerausbildung habe ihn überzeugt – auch aus Nachbarschaftserfahrungen. Wenn bei ihnen auf dem Hof – die Familie hat eine kleine Nebenerwerbslandwirtschaft – etwas kaputtgegangen sei, sei man zum Nachbarn, der Landmaschinenmechaniker gewesen sei und alles wieder gerichtet habe. Heute sei das komplizierter, da Computer verbaut seien. Er ist sich sicher, dass die handwerklichen Berufe zukunftssicher sind. Und vielleicht macht er auch noch den Meister im Anschluss – aber jetzt geht‘s erst einmal zur Ausbildung.
(Quelle: Bayerwaldecho vom 18.06.2024)